Da muss ich erst den Besitzer fragen

🤷‍♀️ „Das kann ich nicht entscheiden. Da muss ich erst den Besitzer fragen.“

Damit ist das Gespräch vorerst beendet.
Und ich stehe immer noch entnervt vor dem Schlafsofa unserer Ferienwohnung. Auf dieses kleine Bettchen, das ich unter der Sitzfläche rausgezogen habe, passt nichtmal meine 9 jährige Tochter.

Ich würde gerne in ein anderes Apartment ziehen, in dem keine Füße beim Schlafen in der Luft baumeln müssen. Mit dieser Idee melde ich mich bei der Kundenbetreuung. Unser zweites Gespräch:

🤷‍♀️ „Ich habe den Besitzer erreicht. Sie können in ein größeres Apartment. Für einen Aufpreis von 350 Euro.“

🤔 „Ich habe aber für drei Betten gezahlt. Ich würde lieber stornieren.“

🤷‍♀️ „Da muss ich erst den Besitzer fragen.“

Wieder legen wir auf. Ich kicke halbherzig gegen das Bettchen, das für seine Größe erstaunlich schwer ist, und sich von meinem Unmut nicht beeindrucken lässt. Wieder klingelt mein Handy.

🤷‍♀️ „Der Besitzer will keine Stornierung. Sie können aber ein 1-Zimmer-Apartment dazu buchen, da müssen sie allerdings die Reinigungskosten zahlen.“

Ich setzte mich entnervt auf das Bettchen, das fĂĽr sein Aussehen erstaunlich bequem ist, und meine schlechte Laune ein wenig abfedert, sie in Resignation verwandelt.

🤔 „Okay, machen wir.“

🤷‍♀️ „Es tut mir wirklich leid, aber ich kann da gerade nichts tun.“

Ich merke ihr echte Betroffenheit an, an diesem Abend um 19:43 Uhr, als sie mich von ihrem Privathandy zurück ruft, im Hintergrund Geräusche, die nur übermüdete 3-Jährige so hinkriegen

Ich kann da gerade nichts tun. 
Sie hat leider Recht. Ihr Chef hat ihr keine Entscheidungsmöglichkeit gegeben, keinen Handlungsspielraum, keine Gelegenheit, die eigene Kreativität oder den eigenen Verstand einzusetzen. Und trotzdem muss sie mit Kunden klarkommen, die in so einem Gespräch auch gerne mal mit öffentlichen Bewertungen oder dem Anwalt drohen.

âś” Wie viel besser könnte sie ihren Job machen, wenn sie in Fällen wie diesem selbst entscheiden dĂĽrfte? 
âś” Wie viel größer wäre ihre Zufriedenheit, und die der Gäste, wenn sie ihr Wissen ĂĽber Objekt und Kunde auch anwenden dĂĽrfte? 
✔ Wie viel gebundener wäre sie an ihren Arbeitgeber, wenn sie um kurz vor Acht nur den Meltdown einer 3 Jährigen, und nicht den einer 43 Jährigen aushalten müsste?

✔ Was wäre, wenn Führung einfach bedeuten könnte, guten Mitarbeitern Kompetenzen zuzuschreiben?

Wir bekommen das wirklich schöne 1-Zimmer-Apartment, das sogar noch fĂĽr uns gereinigt wird. Nach 20 Uhr. 
Wie froh kann „der Besitzer“ sein, dass er solche Leute hat. Nicht auf Grund, sondern trotz seiner Führungskultur.

Es ist 23 Uhr. 
Nach zwei Gläsern Lugana offenbart das Bettchen sein Geheimnis. Es hat Füße, und kann sich hochstemmen, so dass es mit dem Sofa abschließt und eine ziemlich große Liegefläche ermöglicht.
Und ja, ich weiĂź genau, an wen ich am 8. Mai zwei Flaschen Wein schicken werde.

#unternehmenskultur #fĂĽhrung

Stefanie Koch